Die Bestandsaufnahme im Umweltschutz
Teil 4: Durchführung einer Umweltprüfung

Auftaktveranstaltung

Ein für den Erfolg aller Aktivitäten für das Umweltmanagement wesentlicher Punkt ist die Kommunikation mit den Kollegen. Nur wenn diese verstehen, was das Umweltmanagementsystem ist, warum es eingeführt wird und was von ihnen erwartet wird, können und werden sie die notwendigen Beiträge liefern. Spätestens mit Beginn der Umweltprüfung muss eine Mitarbeiterinformation stattfinden; die direkt an der Umweltprüfung Beteiligten oder von ihr Betroffenen müssen in einer Auftaktveranstaltung über die Pläne für die Umweltprüfung, erwartete Ergebnisse, und die vorgesehenen Abläufe informiert werden.

Informationssammlung

Die Informationen sammeln Sie durch Auswertung von schriftlichen Unterlagen, Begehungen und Gesprächen. Dabei werden die vorbereiteten Checklisten nur eine Orientierung sein: Antworten können neue Fragen hervorrufen, die ursprünglich gar nicht bedacht worden sind. Dabei geht es einerseits darum, für die Aktivitäten der Organisation (siehe >> Teil 3) die wichtigen Umweltaspekte und die von ihnen verursachten Umweltauswirkungen zu ermitteln, anderseits aber auch bestehende Managementpraktiken (angewendete Verfahren) und ihre Verbesserungsmöglichkeiten sowie die Ansichten von Verantwortlichen und Mitarbeitern kennen zu lernen. Ideen für Verbesserungen und mögliche Maßnahmen sollten immer mit notiert werden. Im übrigen muss die Informationssammlung sich nicht nur auf den Betrieb beschränken, sie können auch z.B. kompetente Mitarbeiter der Aufsichtsbehörden einbeziehen oder bei anderen Betrieben nach guten Lösungen suchen (“best practice”). Die einzelnen Aktivitäten der Informationssammlung haben typischerweise folgende Schwerpunkte:

  • Sichtung von Unterlagen:
    Die meisten Daten zum betrieblichen In- und Output liegen bereits in der Buchhaltung vor. Der Ressourceneingang und der Energieverbrauch lässt sich über die Rechnungen ermitteln, ebenso in vielen Fällen Abfallmengen über Entsorgungskosten.

    Die Emissionen stehen in der Emissionserklärung, falls eine solche abgegeben werden musste, ansonsten finden sich viele Angaben z.B. in den technischen Daten der Hersteller von Maschinen, Dampfkesseln etc. Ebenso sind Messergebnisse aus betrieblicher Eigenüberwachung eine Datenquelle. Daten zu bestehenden Umweltmanagement-Praktiken liegen möglicherweise auch schriftlich vor, etwa bestehende umweltrelevante Betriebsanweisungen oder Organigramme.
     
  • Begehungen:
    Bei der Betriebsbegehung werden die wesentlichen technischen und umweltrelevanten Daten zu den einzelnen Betriebsbereichen beantwortet. Entsprechend sollten ggf. zuständige Mitarbeiter wie technische Leiter diese Begehung begleiten, damit ihr Fachwissen genutzt wird. Ferner werden die Aspekte der übergeordneten Bereiche beachtet: So deutet große Hitze an einzelnen Orten etwa auf schlechte Wärmenutzung hin. Der Umgang mit Gefahrstoffen kann beobachtet werden: Sind Behälter gekennzeichnet, ist Schutzausrüstung vorhanden, sind Betriebsanweisungen ausgehängt? Begangen werden sollten alle Betriebsbereiche, vor allem auch "versteckte" Lagerräume etc.

Im folgenden finden Sie einige Beispiele von Verbesserungspotenzial, dass bei einer Begehung leicht zu entdecken ist (die Liste soll zeigen, worum es geht; sie ist nicht vollständig):

Indizien für Rohstoff-/Materialverschwendung mit Umweltfolgen:

  • Undichte Leitungen / Anlagen (Flecken auf dem Hallenboden/Boden ...)
  • Verschütten von Chemikalien, z.B. an Abfüllstationen (Flecken, s.o.)
  • Trennung von Abfällen wird nicht beachtet (falscher Abfall in Behältern)
  • Lösemittelgeruch
  • Nicht nutzbare Rohstoffe/Materialien (mögliche Gründe: ungenügende Eingangskontrollen, schlechte Lagerbedingungen)
  • Undichte Wasserleitungen, tropfende Wasserhähne
  • Uneffiziente Wassernutzung (Schläuche zu dick, Wasserdruck zu hoch, ...)
  • Keine Nutzung anfallender Spülwasser
  • Keine Wasserzähler an großen Verbrauchern

Indizien für Energieverschwendung

  • Fehlende oder beschädigte Isolierung an Dampf- und Kühlleitungen
  • Keine Abwärmennutzung (z.B. keine Wärmetauscher in Produktionsprozesse, die Temperaturdifferenzen von mehr als 50°C aufweisen)
  • Leerlauf von Maschinen
  • Beleuchtung nicht energieeffizient

Unsichere Arbeitspraxis

  • Unsicherere Lagerung von Gefahrstoffen (Boden nicht dicht, gefährliche chemische Reaktionen möglich (unverträgliche Nachbarschaften), zu große Lagermengen, Schutzkleidung und Sicherheitsdatenblätter nicht verfügbar,...)
     
  • Gespräche:
    Zur Beantwortung ihrer Frage sind Gespräche mit Mitarbeitern wahrscheinlich die wichtigste Informationsquelle, insbesondere mit den Verantwortlichen für die untersuchten Aktivitäten und die Fachleute im Umweltschutz, wie ggf. Gewässerschutzbeauftragte, Immissionsschutzbeauftragte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Gefahrstoffe!) usw.

    Eine wichtige Quelle von Informationen sind auch die "einfachen" Mitarbeiter. Oftmals kennen sie Schwachstellen und Verbesserungsmöglichkeiten. Wichtig ist auch zu erfahren, wo sie sich durch Umweltbelastungen (Staub, Lärm etc.) belästigt fühlen. Zudem ist an dieser Stelle die Möglichkeit, die Vorstellungen der Führungsebene an der Realität zu überprüfen: Immer wieder findet man, dass Aufgaben in der Praxis ganz anders erledigt werden, als die Geschäftsführung denkt. Dieses gilt auch für Umweltschutzpraktiken! Wie viele Mitarbeiter befragt werden sollten, wird sich von Betrieb zu Betrieb unterscheiden. In sehr kleinen Betrieben kann dieses jeder Mitarbeiter sein; je größer der Betrieb, desto geringer der Anteil an befragten Mitarbeiter. Immer sollten aber Mitarbeiter aller Abteilungen an der Befragung beteiligt werden.

>> Teil 5: Bewertung der Umweltaspekte und Berichterstattung

Vorhergehende Kapitel:
>> Teil 1:
Bedeutende Umweltaspekte bestimmen
>> Teil 2:
Rechtsvorschriften und weitere Schlüsselbereiche
>> Teil 3:
Vorbereitung einer Umweltprüfung

© Jürgen Paeger 2004 - 2009