Die neue Gefahrstoffkennzeichnung
Eine kurze Einführung

Das neue Gefahrstoff-Piktogramm

Grundlagen

Auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro (“Erdgipfel”) beschlossen die Teilnehmerstaaten in der Agenda 21, Kap. 19, die Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien weltweit zu vereinheitlichen. Auf dem Gipfel von Johannesburg 2002 wurde die Umsetzung dieses Ziels bis 2008 beschlossen. Im Jahr 2003 stellten die Vereinten Nationen ihren Vorschlag für dieses weltweit einheitlich System vor, das “Globally Harmonised System of Classification and Labelling of Chemicals” (GHS), nach der Einbandfarbe auch “purple book” genannt. Dieses erscheint seither alle zwei Jahre in einer aktualisierten Fassung und bildete die Basis für die EG-Verordnung Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen1. Mit dieser Verordnung wird das GHS-System für Europa umgesetzt, wobei nicht der gesamte UN-GHS-Standard übernommen wurde und auch einige zuvor bestehende Regelungen beibehalten wurden, die im UN-GHS nicht zu finden sind. Diese Verordnung ist am 20.1.2009 in Kraft getreten; sie regelt die Kriterien, nach denen Stoffe und Gemische einzustufen sind und Verpackungs- und Kennzeichnungspflichten für eingestufte Stoffe neu2. Die Regelungen können seit dem 20.1.2009, sie müssen für Stoffe bis zum 1.12.2010 und für Gemische bis 1.6.2015 (dazu kommt eine zweijährige Übergangsfrist für Lagerbestände) angewendet werden.

In der neuen Verordnung wurde das Prinzip der Einstufung aus der alten Stoff- und Zubereitungsrichtlinie nach Gefährdungseigenschaften beibehalten, die Kriterien aber teilweise etwas geändert. Die Gefahren werden in Gefahrenklassen (z.B. gewässergefährdend) eingeteilt, die Differenzierungen aufweisen können (akut gewässergefährdend/chronisch gewässergefährdend) und in Gefahrenkategorien (Abstufung nach Ausmaß der Gefahr) untergliedert werden. Wie bisher werden Anwender durch die Kennzeichnung und (berufliche Anwender) durch das Sicherheitsdatenblatt über Gefährdungen informiert (>> hier). Wichtigste Änderung sind neue Piktogramme, die die alten Gefahrensymbole ablösen; dazu gibt es jetzt Signalworte: Gefahr für schwerwiegende Gefährdungen und Achtung für weniger schwerwiegende Gefahrenkategorien. Aufgrund der geänderten Kriterien lassen sich die alten Gefahrensymbole nicht eins zu eins durch die neuen Piktogramme ersetzen, zumal manche Piktogramme keine alte Entsprechung haben (z.B. “unter Druck stehende Gase”).

Die neue Kennzeichnung

Alt

 

Neu

Explosionsgefährlich: Stoff kann explodieren

 

Explosiv, Kat. 1.4

Hochentzündlich: Brandgefahr durch Selbst- und Fremdzündung (Flüssigkeiten: Siedepunkt ≤ 35 °C und Flammpunkt unter 0 °C)

Leichtentzündlich: Brandgefahr durch Selbst- und Fremdzündung (Flammpunkt unter 21 °C)

 

entzündlich: Brandgefahr durch Selbst- und Fremdzündung (Flammpunkt unter 55 °C)

 

Selbstentzündliche Stoffe

Brandfördernd: Stoff kann brennbare Stoffe entzünden und ausgebrochene Brände fördern

Sehr giftig: Schwerste Gesundheitsschäden durch Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme durch die Haut

Giftig: Schwere Gesundheitsschäden durch Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme durch die Haut

Spezifische Zielorgan-Toxizität, Kat. 1

Gesundheitsschädlich: Spezifische Zielorgan-Toxizität, Kat. 2; Gefahr durch Einatmen

Schwere Augenschädigungen

Reizend: Reizungen von Augen, Haut, Schleimhäuten (Atemwegen)

Ätzend: Hautätzende Wirkung

Sensibilisierung der Atemwege

Sensibilisierung bei Hautkontakt


oder

CMR-Stoffe (T+, T oder Xn):

Krebserregend:
Stoff kann Krebs erregen oder Krebshäufigkeit erhöhen

Fortpflanzungsgefährdend: Stoff kann Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen oder Nachkommen schädigen

Erbgutverändernd: Stoff kann genetische Schäden auslösen oder deren Häufigkeit erhöhen

Gewässergefährdend

Ozonschichtgefährdende Stoffe und Gemische
 

 

Unter Druck stehende Gase
(kann bei entzündbaren oder giftigen Gasen mit dem entsprechenden Gefahrenpiktogramm entfallen)

Handlungsbedarf für Verwender von Gefahrstoffen

Für die Verwender von Gefahrstoffen ergibt sich aus diesen Änderungen die Notwendigkeit, bei neuen Lieferungen zu prüfen, ob sich durch die Änderung der Kriterien und der Kennzeichnungspflichten Änderungen bei der Einstufung der verwendeten Gefahrstoffe ergeben. Eine geänderte Einstufung, Kennzeichnung oder geänderte Gefahren- und Sicherheitshinweise können Anpassungsbedarf bei den Betriebsanweisungen nach sich ziehen. Außerdem sollten die Mitarbeiter bei den Unterweisungen zum Umgang mit Gefahrstoffen auf die neuen Symbole hingewiesen werden.

Weitere Informationen im Internet:

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REACH-CLP-Helpdesk der Bundesbehörden

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Umgang mit Gefahrstoffen - Eine kurze Einführung
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REACH - Eine kurze Einführung

1Anmerkung zu Rechtsthemen: Im Rahmen dieser Seiten ist nur ein allgemeiner Überblick möglich und beabsichtigt; daher kann es vorkommen, dass für den jeweiligen Einzelfall relevante Regelungen hier nicht betrachtet werden. Diese Seiten sind nur als erster Einstieg und keinesfalls als Quelle für rechtsbezogene Entscheidungen geeignet. Eine Haftung für den Inhalt kann ich daher nicht übernehmen, das Geltendmachen von Ansprüchen jeder Art ist ausgeschlossen.

2 Änderungen der Verordnung: Durch die regelmäßige Aktualisierung des UN-GHS wird auch die VO 1272/2008 regelmäßig angepasst werden müssen. Bisher sind zwei Änderungsverordnungen veröffentlicht worden: VO(EG) Nr. 790/2009 vom 5. September 2009 und VO (EG) 286/2011 vom 11. März 2011.

© Jürgen Paeger 2004 - 2011
 

Wegen der Nähe zum UN-GHS-System wird oft einfach von der GHS-Verordnung gesprochen; ebenso ist der Begriff CLP-VO im Umlauf, nach engl. „Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures”

Eine Aktualisierung der Sicherheitsdatenblätter und eine Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung / der Betriebsanweisungen steht auch in Folge der REACH-Verordnung an.
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