EFQM-Modell
Sich mit den Besten messen

Das EFQM-Modell steht für einen Qualitätsmanagementansatz, der wesentlich umfassender ist als der der ISO 9001: Alle Erfolgsfaktoren eines Unternehmens werden berücksichtigt und müssen systematisch verbessert werden. Grundlage des Vorgehens ist eine Selbstbewertung, aus der Stärken und Verbesserungspotenziale hervorgehen des Unternehmens hervorgehen. Basis der Selbstbewertung und der Verbesserungsmaßnahmen ist die RADAR-Logik, die EFQM-Version des PDCA-Zyklus’. Auf Basis hervorragender Leistungen können Unternehmen sich um den Europäischen Qualitätspreis bewerben.

Das EFQM-Modell wurde von der European Foundation for Quality Management (EFQM) entwickelt, die 1988 mit Unterstützung der Europäischen Kommission von 14 Unternehmen gegründet wurde und in Europa die Rolle von Qualitätspreisen wie dem Malcolm Baldrige Quality Award in den USA oder dem Deming-Preis in Japan spielen sollte: “die treibende Kraft für nachhaltige Excellence in Europa” zu sein. Die EFQM vergibt seit 1992 jedes Jahr in verschiedenen Kategorien den Europäischen Qualitätspreis (>> mehr), der auf dem EFQM-Modell beruht. Ergänzt wird er von nationalen Qualitätspreisen wie dem Ludwig-Erhard-Preis in Deutschland, der ebenfalls auf diesem Modell basiert.

Qualitätsmanagement nach dem EFQM-Modell umfasst acht “Grundkonzepte” genannte Themenfelder, in denen alle erfolgreichen Unternehmen gute Leistungen anstreben. Dabei berücksichtigen die Bewertungskriterien beim EFQM-Modell nicht nur Ergebnisse (die gute Leistungen in der Vergangenheit anzeigen), sondern auch sogenannte Befähiger, Aktivitäten, bei denen die Unternehmen mit geplantem, systematischem Vorgehen auch in Zukunft gute Ergebnisse sicherstellen sollen. Dieser Zusammenhang ist in der folgenden Abbildung dargestellt:

Der Grundgedanke des EFQM-Qualitätsmanagementmodells
Abb. 1: Der Grundgedanke des EFQM-Modells: Gute Ergebnisse sind das
Resultat eines geplanten, systematischen Vorgehens. (Die Darstellung ist eine aktualisierte Fassung einer Abbildung der Xerox GmbH; Rank Xerox (UK) erhielt
1992 den ersten Europäischen Qualitätspreis.)

Was Unternehmen erfolgreich macht

Die Grundkonzepte, die nach der EFQM erfolgreiche Unternehmen auszeichnen, umfassen folgende Themenfelder:

  • Ausgewogene Ergebnisse erzielen: Erfolgreiche Unternehmen sind ergebnisorientiert, streben dabei aber ausgewogene Ergebnisse an: Nicht nur finanzielle Ergebnisse zählen, sondern die Erwartungen und Bedürfnisse aller Interessengruppen, wie Mitarbeiter, Kunden, Gesellschaft, ...
     
  • Nutzen für Kunden schaffen: Erfolgreiche Unternehmen wissen, das Kunden der Hauptgrund ihrer Existenz sind. Sie kennen ihre Kunden und pflegen den Dialog mit ihnen, schaffen Nutzen für ihre Kunden, überwachen die Wahrnehmung der Kunden und reagieren schnell und effektiv auf Rückmeldungen.
     
  • Mit Vision, Inspiration und Integrität führen: Die Führungskräfte gestalten die Zukunft - sie geben die Richtung und Strategie vor und bringen die Mitarbeiter hinter sich, so dass diese Zweck und Ziele des Unternehmens unterstützen. Sie fördern eine Kultur, die Innovation und die Entwicklung des Unternehmens voranbringt.
     
  • Mit Prozessen managen: Strukturierte, systematisch gemanagte Prozesse werden eingesetzt, um gewünschte Leistungen und Ergebnisse zu erreichen und die Strategie umzusetzen. Leistungsindikatoren und andere Messgrößen machen es möglich, Entscheidungen auf Basis zuverlässiger Informationen zu treffen.
     
  • Durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erfolgreich sein: Der Einsatz, die Fähigkeiten, Talente und Kreativität der Mitarbeiter werden wertgeschätzt und entwickelt; die Mitarbeiter werden durch eine Kultur der Ermächtigung, Entwicklung, Verantwortung in die Verbesserungsprozesse einbezogen.
     
  • Kreativität und Innovation fördern: Eine Kultur der Innovation bei allen Aspekten wird genutzt, um für Kunden auf neuen Wegen Wert zu schöpfen, Reputation und Image zu verbessern, Talente anzuziehen und auf Herausforderungen zu reagieren.
     
  • Partnerschaften gestalten: Erfolgreiche Unternehmen suchen Partner, um gemeinsam die Wertschöpfung zu verbesssern und streben dabei einen beiderseitigen Nutzen und eine dauerhafte, offene und respektvolle Zusammenarbeit an.
     
  • Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft übernehmen: Erfolgreiche Unternehmen fassen ökonomische, gesellschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit als auszubalancierende Bezugsgrößen auf und bedenken die Auswirkungen ihres Tuns und ihrer Produkte über den ganzen Lebenszyklus; sie streben langfristige Wirtschaftlichkeit statt kurzfristigem Gewinn an.
     

Wo das eigene Unternehmen steht

Diese Grundkonzepte fließen in die Selbstbewertung der Tätigkeiten und Ergebnisse ein, die regelmäßig und systematisch durchgeführt werden sollte, um Stärken und Verbesserungspotenziale sichtbar zu machen. Dafür sind im EFQM-Excellence-Modell neun Hauptkriterien festgelegt, wie oben dargestellt unterteilt in Befähiger und Ergebnisse:

EFQM-Modell
Abb. 2: Das EFQM-Excellence Modell. Die Prozentzahlen zeigen die
Gewichtung der jeweiligen Kriterien in der Selbstbewertung.

Die Pfeile symbolisieren die Dynamik des Systems: Befähiger führen zu Ergebnissen, aus denen wiederum gelernt werden kann, um die Befähiger zu verbessern. Jedes der aufgeführten Hauptkriterien wird in Unterkriterien gegliedert; in diesen findet die Verknüpfung mit den Grundkonzepten statt. So findet sich das Themenfeld “Mit Vision, Inspiration und Integrität führen” etwa in Fragen zu den Kriterien “Führung”, “Strategie” und “Partnerschaft und Ressourcen” (und weiteren) wieder. Für die Durchführung der Selbstbewertung gibt es verschieden komplexe und aufwändige Möglichkeiten, von der Frageliste bis zur Matrix auf Basis der RADAR-Logik (>> mehr), die auch zur Verbesserung genutzt werden kann: Bei jedem Unterkriterium werden hier bei Befähigern geplantes Vorgehen, Umsetzung, Bewertung und Verbesserung bewertet, bei Ergebnissen Ausgewogenheit und Leistungen (Trendverläufe, Zielerreichung, Benchmarking, ...).

Wie Unternehmen besser werden

Wesentliche Verbesserungspotenziale werden durch Verbesserungspläne, deren Fortschreiten überwacht und bewertet wird, realisiert. Die EFQM nennt ihre Version des >> PDCA-Zyklus RADAR-Logik - von engl. Results, Approach, Deployment, Assessment und Refinement:

Radar-Logik der EFQM
Abb. 3: RADAR-Logik der EFQM und PDCA-Zyklus

Preise und Anerkennungen

Die Selbstbewertung nach EFQM-Modell ist Grundlage für die Teilnahme am deutschen Qualitätspreis Ludwig-Erhard-Preis und den von der EFQM ausgeschriebenen Europäischen Qualitätspreis, den EFQM Excellence Award (EEA). Wer sich nicht gleich mit der Spitze messen möchte, kann auf dem Weg dorthin folgende Anerkennungsstufen erreichen:

Committed to Excellence (Verpflichtung zu Excellence) beinhaltet die Durchführung einer Selbstbewertung auf Basis des EFQM-Modells und die Entwicklung eines Maßnahmenplans. Die Umsetzung von drei ausgewählten relevanten Verbesserungsmaßnahmen wird durch einen Vor-Ort-Besuch durch einen “Validator” überprüft.

Recognised for Excellence (Anerkennung für Excellence) umfasst eine Prüfung der umfassenden Selbstbewertung durch ein Assessorenteam. Teilnehmen können Organisationen, die bei der Selbstbewertung mindestens 300 Punkte erreichen.

EFQM Excellence Award: Der Europäische Qualitätspreis wird jährlich in verschiedenen Kategorien verliehen. Im Jahr 1998 hat als erstes deutsches Unternehmen der >> Schindlerhof, ein Tagungshotel aus Nürnberg-Boxdorf, den Qualitätspreis erhalten. (Im Jahr 2003 hat der Schindlerhof denn den Preis für Kundenorientierung erhalten und 2004 für Mitarbeiterentwicklung und -beteiligung erhalten. Die “Preise” gibt es für herausragende Leistungen bei einem der Grundkonzepte.) Die jüngere Vergangenheit: Im Jahr 2006 erhielten gleich vier deutsche Unternehmen einen Preis: die BMW Group, Produktion Fahrwerks- und Antriebskomponenten (Award Winner; Prize Winner für Führung), TNT Express GmbH (Award Winner, Prize Winner für Kundenorientierung, www.tnt.de), Knorr Bremse (Prize Winner für Ergebnisorientierung, www.knorr-bremse.com) und T-Systems Multimedia Solutions GmbH (Prize Winner für Mitarbeiterentwicklung und -beteiligung; www.t-systems-mms.com), im Jahr 2007 war der Markt Schwabach der OBI Baumarkt Franken GmbH & Co. KG Prize Winner für Kundenorientierung. In den Jahren 2008 und 2009 gehörten keine deutschen Unternehmen zu den Preisträgern.

 

Weitere Informationen zum EFQM-Modell:
>> website der
European Foundation for Quality Management
>> website des
deutschen EFQM-Center
>>
EFQM Excellence Award

Siehe auch:
>>
Eine kleine Geschichte des Qualitätsmanagements

>> Mein Angebot

© Jürgen Paeger 2004 - 2011